Meditation und Musik

by | 28. Mai 2022 | Fanbeiträge

Meditation wird zunehmend zu Unrecht als Label für Entspannungsmusik aller Art verwendet, aber Meditation ist mehr als Entspannung.

Viele Stimmen von Musikjournalisten beklagen die zunehmende Vereinfachung populärer Musik. Songs werden immer kürzer, Harmonien und Melodien zwischen den Top Ten der Charts immer austauschbarer.

Diese Tendenz, die Terminologie von Genre-Klassifikationen zu vereinfachen und leider zu verwischen, ist zu einem echten Problem geworden. Leider passen sich Musikjournalisten und Kuratoren dieser Nachlässigkeit mit alarmierender Geschwindigkeit an. Der Mehrheitsgeschmack und auch die Sicht der Mehrheit wird zum alleinigen Maßstab.

Als aktiver Musikproduzent sind Sie aufgefordert, Ihre Musik selbst einzuordnen, um sie für den Hörer erkennbar zu machen. Nun gibt es eine Kategorie namens „Ambient“, die alles umfasst, was irgendwie mit langsam und abstrakt zu tun zu haben scheint, aber eigentlich ein Genre ist, das auf den Werken von Brian Eno basiert, der selbst Musik für Flughäfen und Züge hatte Stationen im Auge.

Dann gibt es noch die Rubrik „Chillout“, was in Verbindung mit „Lounge“ entspannte Musik für Clubs bedeutet. Chillout wiederum mischt sich mit Entspannungsmusik und wird leider auch unter dem Label Meditation geführt. Meditation ist jedoch eine Praxis, die mit Entspannung im Sinne von „Abschalten“ in keiner Weise etwas zu tun hat – im Gegenteil! Ein wesentliches Element meditativer Techniken ist die bewusste Steuerung der Aufmerksamkeit! Das hat nichts mit Flughäfen und Clubs zu tun.

Gibt man bei Spotify als Suchbegriff „Meditation“ ein, findet man viele Playlists, denen der Begriff „Meditation“ auf der Fahne geschrieben steht. Und was hören wir da? Genauso wie in den Top-Ten-Pop-Chats – nur langsam, ohne Rhythmus und mit sphärischen Klängen. Musik, die eher zum Einschlafen geeignet ist als zum bewussten Lenken der Aufmerksamkeit. Mit viel gutem Willen könnte man argumentieren, dass es so etwas wie „Ruhemeditation“ gibt, aber das ist nur eine von vielen Meditationstechniken – wie Vipassana.

Als politisch interessierter Mensch vermute ich unweigerlich, dass dies ein schreckliches Zeichen für das zunehmende Desinteresse der Gesellschaften an ihrem Schicksal ist. Obwohl die Erde am Rande des Klimakollaps steht, beginnen neue Kriege, die die Kräfte binden, die wir eigentlich brauchten, um unsere Lebensweise zu korrigieren. Es mag ein wenig weit hergeholt sein, dies auf das Problem der Einordnung von Musik zu beziehen, aber die Unmöglichkeit, etwas begrifflich einzuordnen, weil die Mehrheit nur einen Ausschnitt der Welt sehen will, ist durchaus symptomatisch. Es ist das Ende der Vielfalt und spielt Despoten und Vereinfachern in die Hände.

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